Die Pain Nurse geht dahin, wo's wehtut

Altenpflege ist mehr als satt und sauber. Hier gibt es Spezialisten, die sich mit Schmerzen auskennen. Mit der Besonderheit, dass sie es mit Menschen zu tun haben, die manchmal gar nicht mehr sagen können, wo es weh tut.

Wir kennen es von uns: wenn wir Schmerzen haben, dann geht nichts mehr, und wir sind in unserer Lebensqualität enorm eingeschränkt. Manchmal hilft ein Schmerzmittel, und es ist wieder gut. Doch was macht man, wenn jemand nicht mehr sagen kann, wo es weh tut? Wenn auf die Frage: „Auf einer Skala von 0 bis 10: Wie stark ist ihr Schmerz?“ keine Antwort kommen kann, weil jemand beispielsweise dement ist oder aus anderen Gründen nicht antwortet. Dann kommt im Altenheim Friedrichsburg die Pain Nurse ins Spiel.

Marei Haarmann ist solch eine Schmerzmanagerin. Eigentlich wollte sie Krankenschwester werden, doch dafür hätte sie bis zum Ausbildungsbeginn ein Jahr überbrücken müssen. So begann sie ein FSJ in der Friedrichsburg und machte schließlich die Ausbildung zur Pflegefachkraft. Seit 16 Jahren ist die examinierte Altenpflegerin eine feste Größe im Team und spezialisierte sich vor einiger Zeit auf dem Gebiet des Schmerzmanagements. Ihr Arbeitgeber bot ihr eine Weiterbildung zur Pain Nurse und die Mitarbeit im Aktionsbündnis “Schmerzfreie Stadt Münster“ an. Marei entwickelte in der Friedrichsburg zusammen mit anderen Pflegefachkräften Standards zu Schmerzmanagement in der Altenpflege, hier speziell für ihre Einrichtung anhand des Expertenstandards. „Ich habe mich richtig gefreut, dass mir das angeboten wurde. Einerseits war es toll, an einem Konzept mitzuwirken, um die Situation der Bewohner hier im Hause zu verbessern. Und dann der Austausch in der Gruppe: er hat mir neue Sichtweisen eröffnet“, sagt sie.

Was macht eine Pain Nurse genau? Die Herausforderung des Berufes ist es, Schmerzen zu erkennen und zu erfassen, ohne dass sich manche Bewohner noch äußern können. Man muss den Bewohner gut kennen, als gute Inforessource dienen auch die Angehörigen. Dann schaut man auf gewisse Verhaltensmerkmale. Was hat sich verändert? Der Gesichtsausdruck, erhöhter Blutdruck, weinen, Appetitlosigkeit, Unruhe – all das können Indikatoren für einen Schmerz sein.   Man braucht dafür eine gute Beobachtungsgabe. Anhand festgelegter Kriterien erfasst man den Schmerz, und zwar in einer Ruhesituation (z.B. im Bett) und in einer Belastungssituation, z.B. wenn ein Bewohner in den Rollstuhl mobilisiert wird. Man kann dabei genau sehen, ob etwas unangenehm für den Schmerzpatienten ist.

Und was tut man, wenn’s brennt? „Wir arbeiten mit Ärzten und Angehörigen eng zusammen, kennen Diagnosen und die Medikamente, die eingenommen werden müssen. In Akutfällen können wir als Fachkräfte Schmerzmittel einsetzen, nach Anordnung des Arztes. Da wir nicht immer ad hoc auf einen Arzt zurückgreifen können, müssen wir in besonderem Maße vorausschauen, gut beobachten und mit dem behandelnden Hausarzt eine Bedarfsmedikation anpassen, um im Akutfall gut reagieren zu können.

Die Spezialisierung zur Pain Nurse hat Marei Haarmann nochmal ganz neue Sichtweisen eröffnet und ihren Blick auf die Pflege verändert:  „Ich bin hier nicht einfach eine Angestellte, die ihre Arbeit macht, sondern ich kann mich hier auch einbringen! Es ist erfüllend zu sehen, wenn man etwas bewirken kann. Irgendwie hat sich mein Pflegealltag damit noch mal verändert. Für die alten Menschen ist das sehr wertvoll, was wir hier leisten.“

Das Aktionsbündnis gibt es nicht mehr, dafür eine Arbeitsgruppe von Pflegekräften der Krankenhäuser, die sich weiterhin mit dem Thema beschäftigen und zweimal im Jahr Aktionen initiieren.  Marei Haarmann ist Teil dieser Gruppe und erlebt „wie wertschätzend Krankenpfleger gegenüber der Altenpflege aufgestellt sind“.

Übrigens arbeitet Marei bewusst nicht in Vollzeit, obwohl ihre Einrichtungsleitung Frau Bönninghoff sie gerne auf einer vollen Stelle sehen würden. „Das habe ich mir so ausgesucht. Ich muss mal den Kopf frei kriegen. Und dafür reise ich gerne und gehe regelmäßig auf Festivals. 33 Stunden Pflege in der Woche reichen mir.“ Und wenn ihr auf Wacken der Kopf von lauter Musik dröhnt, helfen der Pain Nurse ein wenig Ruhe und maximal eine Aspirin – und  der Schmerz ist weg.

 

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