Kulturell fit für die Zukunft

Was hat Helme Heine mit Waeel Dahair zu tun? Das Stichwort ist ‚Apfelsaft‘. Während Helme Heine dem Fruchtsaft ein Gedicht widmete und Apfelsaft als großen Mist bezeichnete, konnte Waeel Dahair mit Hilfe seiner Beobachtungsgabe ein Problem interkultureller Missverständnisse schnell aus dem Weg räumen. Und das hatte mit Apfelsaft zu tun…

“Bei uns hat die Pflege alter Menschen einen hohen Stellenwert”

Der gebürtige Palästinenser befindet sich im dritten Lehrjahr seine Ausbildung zur Pflegefachkraft im Evangelischen Seniorenzentrum Meckmannshof. Für den 32-Jährigen Moslem ist es keine Selbstverständlichkeit im Bereich der Altenpflege in einer Einrichtung für pflegebedürftige Menschen zu arbeiten. „In meinem Heimatland gibt es keine Altenheime in dieser Form – das wird sich wahrscheinlich auch in den nächsten 50 bis 100 Jahren nicht ändern. In unserer Kultur ist es einfach üblich, dass alte Menschen zuhause gepflegt werden “, sagt Waeel Dahair, der es mittlerweile als selbstverständlich ansieht, als Moslem in einer evangelischen Einrichtung zu arbeiten. „Hier in Deutschland ist das anders. Die Möglichkeit, alte Menschen zuhause zu pflegen, hat nicht jeder.“ Doch es ist nicht Waeel Dahairs Art, diesen Umstand kritisch zu sehen. Ganz im Gegenteil. „Ich bin so aufgewachsen, dass die Pflege von alten Angehörigen einen hohen Stellenwert hat.“ Für ihn war es daher ein Ansporn, sich in Deutschland eben in diesem Bereich zu engagieren.

Ein überraschendes Erlebnis

Was es mit dem Apfelsaft auf sich hat? Waeel Dahair muss schmunzeln. „Eine Bewohnerin bei uns im Haus kommt aus dem Iran. Da ich Arabisch spreche und sie wohl nur Persisch versteht, konnte ich mich mit ihr auch nicht wirklich unterhalten.“ Der junge Palästinenser hat jedoch bei den täglichen Übergaben gehört, dass die Dame, die an Demenz erkrankt ist, sich immer wieder mit Apfelsaft am ganzen Körper einreiben würde. Für die Kollegen keine angenehme Sache. Immer wieder musste die alte Dame saubergemacht werden. „Ich bin ein Mensch, der sich gerne ein eigenes Bild von Dingen macht – ganz unabhängig von meiner Glaubensrichtung“, sagt Waeel Dahair. „Mir ist dann schnell klar geworden, dass sie das nicht wegen der Demenz macht, sondern, dass es das Ritual vor dem Beten ist. Gläubige Muslime waschen sich vor dem Gebet.“ Dazu, so Dahair, gehöre auch das Ritual der Waschung. Da die Bewohnerin jedoch nur Apfelsaft auf dem Tisch stehen hatte, habe sie eben diesen genommen. „Für die Kollegen war es natürlich ärgerlich, dass sie die Bewohnerin immer wieder neu einkleiden und waschen mussten, weil der Apfelsaft so klebt“, sagt Waeel Dahair. „Ich habe den Saft einfach gegen Wasser getauscht. Dann ist die Bewohnerin zwar ein bisschen nass – aber das ist ja nicht schlimm.“

Kollege auf Augenhöhe

Waeel Dahair ist für das Team im Meckmannshof ein Kollege auf Augenhöhe: denn er hat das richtige Augenmaß für die Bedürfnisse der Menschen. Da ist es egal, dass er noch in der Ausbildung ist. Dank einem Mitarbeiter wie ihm sind wir außerdem kulturell fit für die Zukunft – denn es werden zukünftig auch Menschen aus mit anderen Religionen und aus anderen kulturellen Hintergründen bei uns einziehen.

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